Und bevor ich lange darüber nachdenke, steig ich mitten rein ins Thema und schreibe einfach los:
Erst kürzlich habe ich an eine Wand in meiner Töpferwerkstatt ein kleines Schwarz-Weißfoto gepinnt. Es zeigt mich im Alter von ca. 7 Jahren, wie ich mit Farben und Pinsel bewappnet, über einem riesigen Ausmalbogen sitze. Auf dem Malbogen sind Blütenformen zu sehen, die sich wie auf einem Teppich ornamental über das ganze Blatt verteilen. Wenn ich das Foto betrachte, spüre ich, wie versunken ich in meine Arbeit war. Blüte für Blüte füllte ich mit Farbe aus, verließ mich ganz auf mein Gefühl, welche Farbe neben welcher steht.
Auch heute noch weiß ich genau das am "Künstler sein" zu schätzen: Von innen heraus vertraue ich auf das was durch meine Hände passiert. Die Kraft liegt im Machen. Und beides fühlt sich gut an- der Prozess an sich und das Ergebnis, meistens jedenfalls.
Und ich bin dabei ganz bei mir. Kann das Außen loslassen und wieder bei mir ankommen. Das mag sich nach Klischee anhören, nach esoterischem Gerede.
Und sei es drum: Das Foto tauchte wieder auf, weil es seit letztem Jahr familiär einiges aufzuarbeiten gibt. Erst ein Tod, dann eine Demenzerkrankung und am Ende musste ein ganzer Haushalt aufgelöst, und ein ganzes Leben neu geordnet werden. Und wenn ich darüber nachdenke, dann fällt mir auf, daß das kreativ tätig sein, mich mein ganzes Leben begleitet, mich durch Zeiten getragen hat- an guten, wie an schlechten Tagen.
Ich mag gar nicht erzählen, welche Stationen ich als selbstständiger Handwerker oder "Künstler", ach sagen wir Kunsthandwerker durchlaufen bin. Ich weiß nur, dass ich das was ich mache, noch ganz lange machen will. Dass mein Material der formbare Ton ist, immer wieder und immer wieder neu.
Wenn ich online eine Bestellung bekomme, lege ich dem Paket eine Postkarte unserer Werkstatt bei. Neben Name, Adresse und Webseite schreibe ich von Hand "Danke" und male eine kleine Blüte daneben.
Ich weiß gar nicht, warum ich das mache. Vielleicht ist es ein Gruß von dem kleinen Jungen, der immer noch vor dem Ausmalbogen sitzt und Blüte für Blüte ganz bei sich ist.